Stratigraphie des Raums
Räume wahrzunehmen bedeutet, sich bewusst auf verschiedenen Maßstabsebenen mit einem komplexen System auseinanderzusetzen. In der Grundklasse groundworks begeben wir uns in diesem Wintersemester gemeinsam auf Spurensuche und unternehmen in einem abgesteckten Testfeld die ersten intuitiv-gestalterischen Schritte. Diese Erkundungen bilden den Ausgangspunkt für eine vertiefte Auseinandersetzung mit einem spezifischen Ort und seiner Geschichte.
In diesem Semester widmen wir uns dem ehemaligen IGA-Gelände in Stuttgart, das mit seinen Schichten aus Landschaft, Architektur, Städtebau und Kunst im öffentlichen Raum ein reiches Feld für unsere Untersuchungen eröffnet. Dabei erschließen wir die grundlegenden Elemente von Raum, Objekt und Architektur. Schritt für Schritt entwickeln wir Eingriffe, die diese Schichten erweitern, präzisieren oder verwandeln. Wir setzen uns bewusst architektonischen und urbanen Situationen sowie ihren Atmosphären und Eigenheiten aus, die wir beobachten, erforschen und unmittelbar erfahren werden. Dies geschieht in vier aufeinander aufbauenden Phasen.
Wir orientieren uns auf dieser Reise an der Stratigraphie – dem systematischen Freilegen und Dokumentieren von Schichten, wie es aus Archäologie und Bauforschung bekannt ist, um zeitliche Abfolgen und Beziehungen sichtbar zu machen. Übertragen auf Architektur, Objekte und urbane Räume bedeutet dies, physische, soziale und kulturelle Überlagerungen zu erkennen, in aufeinander aufbauenden Schritten zu analysieren und daraus eine eigene gestalterische Position zu entwickeln. In einem dialogischen Entwurfsprozess sollen so an einem von Ihnen ausgewählten Ort sichtbare sowie unsichtbare Schichten freigelegt und durch eigene gestalterische Eingriffe ergänzt werden.
Der gemeinsame Weg durch das Wintersemester ist in vier Phasen gegliedert, die vom Ankommen über das Freilegen und Ergänzen bis hin zum Reflektieren führen und so den Prozess Schritt für Schritt begleiten. Wöchentliche Übungen bilden dabei die Grundlage für Besprechungen, Diskussionen und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Semesterarbeiten.
Phase Eins – Ankommen
Zu Beginn lernen wir uns kennen, richten uns im Atelier ein, entwickeln erste Formen der Zusammenarbeit und erfahren den Ort. Diese Phase dient dem gemeinsamen Einstieg und dem Aufbau einer offenen Arbeits- und Atelieratmosphäre.
Phase Zwei – Freilegen
Im nächsten Schritt nehmen wir die Orte bewusst wahr und untersuchen diese. Durch Beobachten, Erfahren, Erfassen und Dokumentieren werden sichtbare wie unsichtbare Schichten freigelegt. Erste Analysen, Interventionen und Modelle machen verborgene Schichten sichtbar und eröffnen neue Perspektiven auf die unterschiedlichen Räume.
Phase Drei – Ergänzen
Aufbauend auf den Erkenntnissen entwickeln wir eigene Haltungen. Wir schichten neue Elemente hinzu, setzen gestalterische Akzente und prüfen ihre Wirkung. Dabei geht es um das bewusste Ergänzen und Weiterdenken des Vorgefundenen.
Phase Vier – Reflektieren
Zum Abschluss werden die Arbeiten gefiltert, verdichtet und in eine erzählerische Form gebracht. In Reflexion, Diskussion und Präsentation werden die eigenen Positionen formuliert und im Austausch geschärft.
Exkursion: Ein zentraler Bestandteil des Semesters ist eine gemeinsame Exkursion in der Woche vom 03. bis zum 07. November 2025. Hier möchten wir unterschiedliche Architekturen, Stadträume, Objekte und Gestaltungsansätze außerhalb des direkten Arbeitskontextes kennenlernen und dabei neue Erfahrungen sammeln. Durch Ortsbegehungen, Gespräche mit lokalen Akteur:innen und eigene Übungen vor Ort werden die Beobachtungs- und Analysefähigkeiten geschärft und in einen größeren städtebaulichen und kulturellen Zusammenhang gestellt. Dazu machen wir eine Busreise, auf der wir über Basel, Vorarlberg und Ulm Stationen einlegen und unterschiedliche Positionen und Projekte kennenlernen. Die Exkursion dient somit als Erweiterung unseres groundworks und eröffnet neue Perspektiven auf die eigene Arbeit.