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Text der Kursbeschreibung

Bei der Werkbundausstellung 1914 wurde das von Designerinnen und Architektinnen entworfene und eingerichtete Haus der Frau kritisiert, da es scheinbar „nichts bei[trägt], weil es keinen Charakter hat, oder vielmehr einen falschen Charakter vorgibt. Diese Sachlichkeit ist nur eine Sachlichkeit, die dem Geist der Frau widerspricht.“ Dies ist eins von vielen Beispielen, das Frauen einen scheinbar ornamentalen, dekorativ kitschigen, sexuellen und übermäßig emotionalen Geschmack zuschreibt, welches man(n) in Gegensatz zu Rationalität und dem Fortschrittsgedanken moderner Bewegungen stellt.

In diesem Seminar wird untersucht, wie Räume im 19. und 20. Jahrhundert explizit für Frauen gestaltet wurden und was dies über die Wahrnehmung und Rolle der Frau in verschiedenen Kontexten aussagt. Aus welcher, teils voyeuristischen, Perspektive wurden Räume für Frauen entworfen? Wie wird durch die räumliche Gestaltung ersichtlich, dass Frauen als sexualisierter Körper, dienende Hausfrau und Mutter, unverständig für Bildung, Unternehmer*innentum, Politik oder künstlerische Entfaltung, hysterisch und unmündig betrachtet wurden? Welche sexistischen Konnotationen können Schlafzimmer, Küchen, Boudoirs, Räume für Sexarbeit, Krankenhäuser, Abtreibungskliniken oder Frauenhäuser hervorrufen?

Untersucht werden folglich Gebäude und Räume, die einerseits die Freiheiten der Frauen in der Gesellschaft eingrenzen und andererseits den Mangel an Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Bedürfnissen von Frauen beweisen. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Raum oftmals eine konstruierte Benachteiligung verstärkt. Ziel des Seminars ist es, den schmalen Grat zwischen Freiheit und Isolation, zwischen schützendem und unterdrückendem Raum wahrzunehmen und kritisch zu hinterfragen, wie Architektur bis heute in der Benachteiligung, Ausnutzung, Politisierung und Objektifizierung des weiblichen Körpers und der Degradierung des Intellekts von Frauen mitwirkt.