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3. Die Anfänge der Kunstakademie
3.5. Militärischer Drill
Durch die internatsähnliche Unterbringung in der
Militärakademie erhielten die Künstler nicht nur eine fachspezifische
Ausbildung, sondern wurden ganzheitlich gebildet und erzogen. Der Lehrplan ging
teilweise über die damalige Gymnasialausbildung hinaus und orientierte sich am
Vorbild der höfischen Adelserziehung. Neben den Fremdsprachen Französisch und
Italienisch wurden die Fächer Mathematik, Geometrie, Geographie, Geschichte,
Naturgeschichte, Kunstgeschichte, Mythologie, Schöne Wissenschaften, Anatomie
und sogar das Tanzen und Fechten gelehrt. Während die umfassende
Allgemeinbildung der Stuttgarter Kunststudenten positiv hervorstach, wurde die
strenge militärische Erziehung, die kaum Freiraum zur individuellen Entfaltung
bot, sowohl von außenstehenden Beobachtern als auch von den Schülern selbst
immer wieder in Frage gestellt.
Nach dem Ausbruch der
französischen Revolution kam es vermehrt zu Protesten und Fluchtversuchen. In
der Kunstabteilung war die Anzahl der Zöglinge, die ihre Ausbildung vorzeitig
abbrachen, auffällig hoch. 1791 floh beispielsweise der Landschaftsmaler Josef
Anton Koch aus der Akademie.
Den Ärger über seine schlechte Behandlung brachte er in mehreren Karikaturen
und in einem nach seiner Flucht an
die Karlsschule gesendeten Abschiedsbrief zum Ausdruck. Darin kritisierte er
neben den autoritären Erziehungsmethoden auch die Indienstnahme der Künstler
als billige Arbeitskräfte bei herzoglichen Aufträgen sowie die von seinem
Kunstverständnis abweichende Kunstauffassung seiner Lehrer.
Axel Kuhn: Revolutionsbegeisterung – Revolutionsverdrängung. Die Jugendjahre des Malers Josef Anton Koch, in: Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit. 200 Jahre Französische Revolution in Deutschland, hrsg. von Gerhard Bott, Ausstellungskatalog: Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, 24. Juni bis 1. Oktober 1989, Nürnberg 1989, S. 119–127.
Sabine Rathgeb: Studio & Vigilantia. Die Kunstakademie an der Hohen Karlsschule in Stuttgart und ihre Vorgängerin Académie des Arts, Dissertation, Universität Heidelberg 2009, S. 425f.